Forenthema: Gesundheitsvorsorge – Prävention – Krankheiten
Forentitel: Zahn- und Zahnhalteapparaterkrankungen
Beitrag: Betäubung wirkt nicht
Autor Frage an den Experten
Frau Sarah W vom 28.10.2008 07:55 Uhr
Liebe Experten, ich habe ein Problem, bei dem mir mein Zahnarzt keinen rechten Rat geben kann. Ich habe ein Loch im Zahn und versuche, dies behandeln zu lassen. Da es sehr tief geht, ist es nicht ohne Betäubung möglich, nur leider wirken die Spritzen bei mir nur sehr selten. Selbst wenn 3-4mal nachgespritzt wird, setzt keine Betäubung ein. Woran könnte das liegen? Mit freundlichen Grüßen, Sarah
Herr Daniel P. Grotzer Antwort vom 28.10.2008 17:31 Uhr

Sehr geehrte Frau Sarah W.,

zunächst ist es wichtig zu wissen, ob es sich um einen Zahn im Ober- oder Unterkiefer handelt, da es dort Unterschiede in der Art der Anästhesie gibt.

Im Oberkiefer wird eine gewisse Menge des Lokalanästhetikums als sogenanntes Depot in der Schleimhaut vor dem Knochen der Wurzelspitze des entsprechenden Zahnes eingebracht. Durch die Durchlässigkeit des Knochens im Oberkiefer kann das Anästhetikum bis zur besagten Wurzelspitze diffundieren und so den Nerv direkt beim Einritt in den Zahn betäuben. Wegen dieses Einsickerns des Anästhetikums in den Knochen wird die gerade geschilderte Art der Betäubung auch Infiltrationsanästhesie genannt. Läßt sich ein schmerzender Zahn mit dieser Methode nicht wirksam betäuben, so kann ein weiteres Depot in der Gaumenschleimhaut auf Höhe der Wurzelspitze eingebracht werden.

Im Unterkiefer hingegen ist der Knochen, welcher die Zähne umgibt, wesentlich härter und kompakter. Deshalb ist dort im Normalfall keine Infiltrationsanästhesie möglich. Im Unterkiefer wird darum die Technik der Leitungsanästhesie verwendet. Dabei wird der komplette Nerv einer Unterkieferseite am Eintrittsort in den Unterkiefer mit Lokalanästhetikum umspritzt. Da dieser Nerv im Bereich der Unterkieferprämolaren wieder aus dem Knochen austritt und dann in das Weichgewebe von Unterlippe und Kinn zieht und dieses Gebiet sensibel innerviert, wird bei dieser Art der Anästhesie auch immer die Unterlippe betäubt. Ein gutes Zeichen, ob eine Anästhesie im Unterkiefer wirkt, ist deshalb die einsetzende Betäubung der Unterlippe auf der jeweiligen betroffenen Seite. Durch anatomische Variationen in der Höhe des Nerveneintritts in den Unterkiefer kann es zu verzögertem oder ausbleibendem Wirkeintritt kommen. In einem solchen Fall sollte Ihr Behandler mehrere Anästhesieversuche in unterschiedlichen Höhen des Unterkieferastes versuchen.

Sie haben vielleicht in Ihrem Zusammenhang schon einmal das Wort „Anästhesieversager“ gehört, also ein Mensch, bei welchem eine lokale Anästhesie nur in begrenztem Umfang oder gar nicht wirkt. Solche Fälle sind in der Literatur beschrieben, allerdings treten sie in einer verschwindend geringen Anzahl auf. (In den allermeisten Fällen ist eine mangelhafte Anästhesie im Unterkiefer auf die Technik des Behandlers zurückzuführen.)

Eine alternative Methode der Anästhesie sowohl für den Ober-, wie für den Unterkiefer stellt die „Intraligamentäre Anästhesie“ dar. Hierbei wird das Lokalanästhetikum in den Spalt zwischen Zahn und Zahnfleisch (Parodontalspalt) appliziert. Das Mittel kann deshalb sehr schnell genau den Nerv des fraglichen Zahnes erreichen. Diese Art der Anästhesie verhindert im Unterkiefer nicht nur die Betäubung der Lippe und auch der Zunge, sondern wird von den meisten Patienten auch als wesentlich angenehmer empfunden.

In der Hoffnung auf eine schmerzfreie Behandlung verbleibe ich, Ihr

D.P.Grotzer





Daniel P. Grotzer
Fachspezialist für Oralchirurgie und Implantologie • Parodontologie - Ästhetische Zahnheilkunde
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