Forenthema: Beauty und ästhetische Medizin
Forentitel: Ästhetische Zahnmedizin
Beitrag: Abzocke bei Zahnschmuckankleben?
Autor Frage an den Experten
Frau Shirley vom 08.10.2008 07:45 Uhr

Hallo,

unsere Tochter (15 Jahre) wollte sich mit einem glitzernden Schmuckstein einen ihrer seitlichen Vorderzähne verzieren lassen, womit ich einverstanden war, weil ich es an jungen Mädchen schön finde. Sie hat ein schönes Gebiss, sie braucht keinen Kieferorthopäden, und sie geht 2 mal im Jahr zu unserem Hauszahnarzt zur Kontrolle.Sie ist privatversichert, ich dachte allerdings, das wäre unwichtig, denn Schmuckstein ankleben ist ja keine Leistung der Krankenkasse.

Leider hat unser Zahnarzt Schmucksteinkleben nicht im Angebot. Deshalb erfragte unsere Tochter bei 2 Zahnärzten in Wohnortnähe ob es bei Ihnen möglich wäre, und welche Kosten auf sie zu kämen. Da sie es vom Taschengeld bezahlen wollte, wählte sie den mit der günstigeren Variante, 25-30 Euro sollte es kosten. In der anderen Zahnarztpraxis hätte es 40 Euro gekostet.

Also Termin ausgemacht, hingegangen, (ich saß unten im Auto und habe gewartet, denn unsere Tochter ist ja kein Kleinkind mehr)

45 Minuten dauerte es, davon saß sie 30 Minuten

allerdings im Wartezimmer. Aber ein wunderschöner Stein glitzerte am Zahn. Barbezahlung ist nicht möglich, sagte die Zahnarzthelferin zu ihr, Rechnung würde folgen. Und nun kommt das Ärgernis, denn die Rechnung, die an meine Tochter adressiert war, beläuft sich auf sage und schreibe 138,61 Euro.Aufgeführt waren folgende Nummern:

001   12, 95     Eingehende Untersuchung

100   25,87    Erstellen eines Mundhygienestatus

405   39,20  Entfernen harter und weicher Zahnbeläge und Polieren

007   6,46   Vitalitätsprüfung

201   9,83        Behandlung überempfindlicher Zahnflächen, Fluoridierung

Noch mal 201   9,83

232A   34,50   Kleben eines Schmucksteines in SAT Technik

 

Ich war im Glauben, bei der Abrechnung ist etwas von einem anderen Patienten dazugerutscht, aber ein Anruf bei ihm ergab, nein, alles hat seine Richtigkeit, wenn ich es billiger haben wollte, hätte ich es an einem Strand von Afrika machen lassen sollen, ich hätte ja daneben sitzen können, und zudem würde ich ja nicht auf den Kosten sitzen bleiben, ich solle die Rechnung eben bei unserer Privatversicherung einreichen.Wenn ich außerdem selber Patientin von ihm wäre, würde er mit sich reden lassen über den Preis.

Ist das die übliche Vorgehensweise eines Zahnarztes, das in meinen Augen sehr nach Abzocke aussieht.

Meiner Ansicht nach dürften nur die Nummern 001, 007 des betreffenden Zahnes und natürlich 232A  auf der Rechnung stehen. Der Rest riecht nach Abzocke.

Was das Fluoridieren der Zähne betrifft, musste man ja schon im Kindergarten unterschreiben, ob man es will oder nicht, manche Eltern, die ihr Kind auch homöopathisch behandeln lassen, sind strikt dagegen, dieser Zahnarzt schmierts einfach drauf??

Über eine neutrale Meinung wäre ich sehr dankbar!!

Herr Daniel P. Grotzer Antwort vom 14.10.2008 13:55 Uhr

Sehr geehrte Frau Shirley,

für  meine Antwort zäume ich das Pferd einmal von hinten auf. Der Rechnung , wie auch der - nicht gerade charmanten – Aussage des  Zahnarztes liegt ein einziger und richtiger Ausgangsgedanke zu Grunde: In dem Moment, in dem ein Patient eine ärztliche oder zahnärztliche Praxis betritt, hat der behandelnde Arzt seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen; und insofern unterscheidet er sich von einem Tättowierer, Piercer oder Zöpfchenkleber „am afrikanischen Strand“ ganz erheblich. Vor jedem Eingriff und gerade vor einem elektiven Eingriff (d.h. vom Patienten gewünschter Eingriff, welchem keine medizinische Notwendigkeit zu Grunde liegt) ist es die Pflicht des Arztes, sich ein genaues Bild von seinem Patienten zu machen. Aber lassen Sie mich dies anhand der von Ihnen angegebenen Abrechnungsziffern verdeutlichen:

·         001: Jeder neue Patient wird einer eingehenden Untersuchung unterzogen, um allgemeine sowie spezielle Erkrankungen in Erfahrung zu bringen oder auszuschließen; dies reicht von der Frage nach Allergien, über die Aufnahme von Karies, dem Zustand des Zahnhalteapparates bis zur Kontrolle der Mundschleimhaut auf auffällige Veränderungen.

·         100: Die Erstellung eines Mundhygienestatus ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Diagnostik vor Eingriffen.

·         405: Die Entfernung von Belägen versteht sich vor Aufkleben eines Steinchens von selbst. Nur auf einer gereinigten Oberfläche ist eine entsprechende Haftung gewährleistet. Desweiteren wäre ein Belassen und „Einkleben“ des Belages mit dem Steinchen fatal für die darunter beginnende Kariesentwicklung.

·         007: Gerade bevor ein solch elektiver Eingriff vorgenommen wird, ist die Überprüfung der Sensibilität und Vitalität des Zahnes vonnöten, um evtl. vorhandene Vorschädigungen  dokumentieren zu können.

·         232A: erklärt sich von selbst

·         201: Da beim Klebevorgang die Zahnoberfläche mit einer Säure konditioniert wird und deshalb eine Demineralisation der Oberfläche stattfindet, ist eine Flouridierung hinterher absolut indiziert.

Noch ein paar Worte zur Flouridierung: Entsprechend der aktuellen Studienlage garantiert eine ausreichende Menge an lokaler Flouridierung (Zahnpasta, Mundspüllösungen, Flouridierung durch den Zahnarzt) einen wesentlich größeren Schutz vor Kariesbefall. Zum aktuellen Fall siehe bitte Punkt 201.

Wenn jemand eine Flouridierung strikt ablehnt, so kann er dies ja zu Beginn der Behandlung kundtun. Erfahrungsgemäß wissen homöopathisch behandelte Patienten um diese Zusammenhänge und erwähnen diese Problematik zu Beginn einer Behandlung. Wenn Sie allerdings erst Ihre Zustimmung als Mutter dazu geben möchten – was Ihr vollstes Recht, ja bei einer eingeschränkt geschäftsfähigen Tochter (15 Jahre!), sogar Ihre Pflicht wäre – hätten Sie Ihre Tochter zu dieser Behandlung begleiten und mit dem Arzt über Ihre Vorstellungen und Wünsche sprechen müssen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Ihrer Schilderung nach hat der entsprechende Arzt sogar sehr sorgfältig gearbeitet und ist seiner medizinischen Pflicht gründlich nachgekommen. Ebenfalls Ihrer Schilderung nach läßt nur die Art des Umgangstones dieser Praxis etwas zu wünschen übrig.

Mit Grüßen aus Hannover,

Hochachtungsvoll

Ihr D.P. Grotzer





Daniel P. Grotzer
Fachspezialist für Oralchirurgie und Implantologie • Parodontologie - Ästhetische Zahnheilkunde
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