Forenthema: Gesundheitsvorsorge – Prävention – Krankheiten
Forentitel: Herz- und Gefäßerkrankungen
Beitrag: ein VHF-Betroffener mit vielen Fragen
Autor Frage an den Experten
Herr uwe kühne vom 02.11.2014 00:52 Uhr
Sehr geehrtes Expertenteam, schon seit Längerem plage ich mit Vorhofflimmern herum mit einer Pause von ca. zwei Jahren. Ich bin 53 Jahre, fahre viel mit dem Fahrrad, vermeide Fahrstühle, jogge ziemlich regelmäßig drei bis vier mal in der Woche zwischen 70 und 90 Minuten, überhaupt bin ich ein Mensch mit Bewegungsdrang. Erstmalig wurde VHF bei mir im Herbst 2011 diagnostiziert. Allerdings ist das kein Zufallsbefund, sondern ich hatte dies selbst durch Herzrasen usw. mit einhergehender Schwäche bemerkt und mußte mit dem Rettungsdienst in ein Krankenhaus gebracht werden. Als Medikamente nahm ich ASS und Bisoprolol 5 mg. Propfenon als „pill in the pocket“ für den Notfall, falls eine Episode des VHF beginnt. Im Februar 2012 wurde bei mir eine Pulmonalvenenisolation durchgeführt. Danach nahm ich für sechs Monate Falithrom und Bisoprolol. Das ist eine etablierte Therapie für die Zeit nach der Pulmonalvenenisolation. November 2011 konnte ich die Medikamente absetzen. Ich war sehr zufrieden. Die Ablation war erfolgreich. Ich hatte mich wirklich wohlgefühlt, wenn man von ein paar Extrasystolen und Salven absieht, die glaube ich, sein können. Seit Frühjahr 2014 plagt mich das VHF wieder sehr verstärkt. Mehrmals mußte ich das Propafenon 2 x 300 mg einnehmen. Einmal ging mein Herz erst nach drei Stunden in den SR, zweimal nach ca. einer Stunde. Während solch einer VHF-episode verspüre ich nur richtigen köperlichen Leistungsabfall, kann dann kaum noch Treppen steigen. Von den anderen möglichen Symptomen bleibe ich verschont. Habe mich seit dem wieder in Behandlung begeben. Die behandelden Ärzte scheinen bei mir vor einem Rätsel zu stehen. Auf EKG’s (fünf Tage) wurde auch Vorhofflattern festgestellt. Um auszuschließen, dass das Flattern von dem Flimmern getriggert wird, wurde Ende September eine Istmusablation durchgeführt und nehme Bisoprolol 5mg und Xarelto ein. Vor ein paar Tagen, samstags, ich wollte gerade joggen, habe ich mich wieder mit einer VHF-episode in die Notaufnahme fahren lassen ohne propafenon einzunehmen, damit sofort ein EKG geschrieben werden kann, ohne medikamenteinflusss. Das war vereinbart. Montagnachmittag bekam ich dann Propafenon, was das VHF aber leider nun nicht beendete. Deshalb wurde am Mittwochnachmittag eine Elektrokardioversion erfolgreich durchgeführt. Mein Herz ging nach dem ersten Schock in den SR. Desweitern ist eine erneute Pulmonalvenenisolation geplant, jetzt aber mit dem moderneren 3D-Mapping. Der genaue Termin steht noch nicht fest, wird wohl noch dieses Jahr, wenn ein freier Termin gefunden wird, was ich sehr hoffe, weil ich immer noch von der Intensität her schwankende Extrasystolen habe. Ich weiß noch nicht, ob diese normal sein können. Bei meinem Aufenthalt im Krankenhaus konnte ich aus dem Unterton heraushören, auch als sich die Ärzte untereinander unterhielten, dass es bei mir offenbar nicht immer genau erkennbar ist, ob es bei mir Flimmern oder Flattern ist. Tendenziell warscheinlich Flimmern. So, jetzt habe ich meine Anamnese eingedampft und hoffe, dass der Beitrag nicht zu lang ist. Ich möchte gern einige Fragen stellen, um auch mal eine andere Meinung zu hören. 1. Welche Rolle kann hier der Ausdauersport spielen? Sollte ich mich einschränken, würde ich an Lebensqualität einbüßen. 2. Welche Faktoren können eine weitere Rolle spielen, Streß auf Arbeit, genetische Faktoren (meine Eltern haben VHF)? 3. Wieso plagt mich das VHF nach knapp zwei Jahren (ohne Medikamente) wieder? 4. Wenn ich manchmal den Bauch anspanne oder einziehe bei Anstrengung (beim Radfahren) oder beim Bücken verspüre ich Extrasystolen oder kurze Salven, warum? 5. Wie oft und in welchen Abständen kann eine Elektrokardioversion durchgeführt werden? 6. Wie oft und in welchen Abständen kann eine Pulmonalvenenisolation durchgeführt werden? 7. Ist eine dauerhafte Beendigung des VHF ohne Medikamenteneinnahme überhaupt möglich? Gibt es Hoffnung für mich? 8. Gibt es experimentelle Therapieen? 9. Ich hatte mal gehört, dass man beim „pill in the pocket“ Konzept das Medikament in den ersten Minuten nehmen soll. Wenn man zu lange wartet, hilft es nicht mehr. Wie ist ihre Meinung dazu? 10. Gibt es Alternativen zu Propafenon? 11. Als wirklich geplagter Patient wäre ich eventuell bereit mich für Studienzwecke zur Verfügung zu stellen. Gibt es denn Möglichkeiten, die erfolgversprechend sein könnten? 12. Ist bei einer VHF-Episode eine zusätzliche Einnahme von Bisoprolol sinnvoll, um das die Episode zu beenden? Ich hoffe, ich sprenge hier nicht das Forum und möchte auch keinesfalls vermessen erscheinen. Aber ich bin momentan etwas ratlos und versuche Hilfe zu bekommen. Viele Grüße Uwe K.
Herr Dr. med. Frank Hertrich Antwort vom 02.11.2014 10:37 Uhr
Hallo, Hier die Antworten: 1. Ausdauersport verschlechtert Vorhofflimmern nicht. Laut Lietratur scheint er eher einen günstigen Einfluss zu haben ( weniger und kürzere Episoden, weniger Komplikationen) 2. Erhöte Stresshormone triggern das Auslösen von VHF; also ist Stress ein Risikofaktor; es gibt eine familiäre Häufung von VHF, wobei der "Erbgang" nicht geklärt ist. 3. Das kann so nicht eindeutig festgelegt werden. Laut Statistik ist das paroxysmale VHF eine Erkrankung mit häufigen Rezidiven. 4. Das Anspannen der Bauchmuskulatur führt zu Veränderungen der sogenannten Vorlast am Herzen und zu Veränderung der Herzfrequent, wodurch Extraschläge ausgelöst werden können und auch subjektiv mehr spürbar sind. 5. Eine Kardioversion kann immer wieder durchgeführt werden; wenn die Intervalle aber immer kürzer werden, sind andere Maßnahmen sicher sinnvoller. 6. Hierzu müsste ein Rhythmologe gefragt werden; mehr als zweimal erscheint mir aber nicht anzuraten, zumal dann ja auch das Risiko ( z.B. einer Pulmonalstenose) ansteigt. 7. Ja das ist möglich, mit 2. und 3. Ablationstherapie ist eine Erfolgsrate von 90% zu erreichen. 8. Nun ja, es könnte da eine mikrochirurgische Behandlung erwogen werden (hierzu müsste man eine Recherche zu rhythmuschirurgich erfahrenen Kliniken durchführen....eventuell bei der deutschen Herzstiftung nachfragen) 9. Je kürzer das VHF besteht, dsto besser wirken die Medikamente. 10. Die übliche Alternative ist Flecainide. 11. Hier sollten Sie Ihren Rhythmologen fragen. 12. Die Epiode können Sie mit Bisoprolol nicht beenden, aber der Puls wird dann nicht so schnell und Sie fühlen sich nicht so schlecht. Wenn auch weitere Ablationsbehandlungen fehlschlagen sollten, wäre prinzipiell hier zu fragen, ob nicht ein frequenzregulierendes Vorgehen ( also Akzeptieren des immer wieder auftretenden VHFs, Verhindern des Herzrasens durch z.B. Betablocker und Schlaganfallprophylaxe mit einem Gerinnungshemmer) überlegt werden sollte.....wobei der Sport hier nicht eingeschränkt werden müsste. mfg FHertrich
Herr Dr. med. Frank Hertrich Antwort vom 02.11.2014 17:52 Uhr
Hallo, ich habe noch einen Nachtrag zur Sporttauglichkeit: Ausdauersportler haben ein ca fünffach erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern. Wenn allerdings die Frequenz ausreichend kontrolliert ist ( z.B. durch einen Betablocker) und keine sogenannte stukturelle Herzerkrankung ( abzuklären mit z.B. Echokardiographie, Stress-MRT oder KardioCT) vorliegt, ist Ausdauersport auch bei permanentem Vorhofflimmern sicher. Ein Problem könnte bei verletzungsintensiven und kompetitiven Sportarten die Antikoagulation sein.
Herr uwe kühne Antwort vom 02.11.2014 19:07 Uhr
Sehr geehrter Herr Dr. Hertrich, vielen, vielen Dank für Ihre sehr schnelle und umfangreiche Antwort. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Als Ausdauersportler habe ich fünffach höheres Risiko für VHF? Das ist mir neu. Das würde ich als sehr hoch einschätzen. Jetzt bin unsicher, ob ich denn noch joggen sollte. Ich bin Jogger aus Leidenschaft, beim Joggen bereite ich mich manchmal auf wichtige Gespräche vor, bin auf Ideensuche und bin danach auch oft tiefenenspannt. Wenn ich nicht mehr laufe, büße ich erheblich an Lebensqualität ein. Besonderes Highlight sind jedes Jahr meine Strandläufe im Urlaub an der Ostsee. Warum ist das Risko denn so erhöht, was ist der Grund? Viele Grüße U. Kühne
Herr Dr. med. Frank Hertrich Antwort vom 02.11.2014 20:35 Uhr
Hallo, Joggen ist da eher unbedenklich. Es geht um leistungsorientiertes Ausdauertraining. Mit freundlichen Grüßen
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