Forenthema: Gesundheitsvorsorge – Prävention – Krankheiten
Forentitel: Zahn- und Zahnhalteapparaterkrankungen
Beitrag: In den USA nach Wurzelbehandlung Abszess
Autor Frage an den Experten
Frau Leah Freund vom 16.10.2020 20:12 Uhr

Hallo, ich habe eine Wurzelbehandlung fuer den Backenzahn Unterkiefer bekommen mit provisorischer Krone vor 5 Tagen. Der Nerv wurde entfernt und aufgefuellt. Ich habe nun seit 4 Tagen nach dem Eingriff eine Schwellung am Kiefer und Schmerzen. Das Roentgenbild zeigt nun einen Abszess. Ich habe Antibiotika bekommen und soll diese nehmen, dann gehe die Schwellung von alleine weg. Die Schwellung hat einen grossen blauen Fleck auf der Haut gebildet. Ist das die alleinige Einnahme von Antibiotika wirklich ausreichend?

Danke fuer die Hilfe

Herr Daniel P. Grotzer Antwort vom 17.10.2020 14:58 Uhr

Sehr geehrte Frau Freund,

eine Entzündung des Kiefers durch einen infizierten Zahn ist ein komplexes Geschehen und bedarf zunächst einer sorgfältigen Diagnostik und einer state of the art-Therapie, um das Geschehen im Knochen zu kurieren und den Erhalt des betroffenen Zahnes zu sichern. Sehen Sie es mir daher bitte nach, wenn ich ohne Untersuchung und entsprechende Bildgebung natürlich keine gültige Ferndiagnose abgeben kann.

Ich kann Ihnen jedoch einige allgemeine Informationen zu den Zusammenhängen der von Ihnen geschilderten Umstände geben.

Ein infizierter oder bereits abgestorbener Zahnnerv kann in der Folge auch eine Entzündung im Knochen nach sich ziehen. Dies geschieht allerdings nicht über Nacht. Wenn Sie also nun eine Auflösung des Knochens an oder um die Wurzelspitze auf dem Röntgenbild sehen können, so war diese in der Regel auch schon vor fünf Tagen vorhanden. Dies deutet auf einen schon vor längerer Zeit abgestorbenen Zahnnerv hin. Dieses Geschehen kann erst einmal auch vollkommen schmerzfrei vonstattengehen und wird dann meist entdeckt, wenn entweder Beschwerden auftreten oder im Rahmen einer prothetischen Neuversorgung diese Veränderungen auf dem Röntgenbild als Befund entdeckt werden. Die Therapie der Wahl ist eine Eröffnung des Zahnes sowie die Entfernung des betroffenen Nervgewebes. Nun muß neben der Erweiterung und Aufbereitung der Wurzelkanäle auch die Säuberung besagter Kanäle mittels verschiedener Spüllösungen nach einem gut etablierten Spülprotokoll erfolgen. Anschließend wird ein Medikament in den Wurzelkanal eingebracht, um die Entzündung im Knochen zu bekämpfen und über die Zeit (ggf. Wochen bis Monate) den Knochendefekt ausheilen zu lassen. Spülung und Medikamenteneinlage müssen dabei je nach Entwicklung mehrmals in entsprechenden Zeitabständen wiederholt werden.

Nun kann es bei einem solchen schon länger vorhandenen, aber symptomfreien und bisher unentdeckten Infektionsgeschehen nach der initialen Behandlung zu einem sogenannten "Phönixabszeß" kommen. Für den sich bildenden Eiter muß eine Möglichkeit zum Abfluß geschaffen werden: dies kann je nach Notwendigkeit über die dann wieder zu öffnenden Wurzelkanäle erfolgen, kann aber auch bei stärkerer Ausprägung einmal einen Schnitt im Zahnfleisch erfordern, in welchen dann ein Streifen zur Drainage eingebracht wird.

Die Gabe von Antibiotika kann von Fall zu Fall sinnvoll sein, um das Infektionsgeschehen im Weichgewebe zu begrenzen und die Therapie zu unterstützen und auch für eine gewisse Zeit die Symptome lindern; die systemische Verabreichung dieser Medikamente kann aber niemals die notwendige Behandlung der Ursachen ersetzen. Ein systemisches Antibiotikum kann die Infektionsursache in Zahn und Knochen niemals ohne zusätzliche zahnmedizische Therapie ausheilen.

Wenden Sie sich also bitte an den Zahnarzt / die Zahnärztin Ihres Vertrauens, um die weitere erforderliche Therapie zu erörtern.

Ich wünsche Ihnen gute Besserung.

Herzlichst,

Daniel Grotzer

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